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Politischer Starkstrom

Atomstrom polarisiert. Kernkraftwerke stehen seit dem Unfall in Fukushima wieder im Fokus der Öffentlichkeit. Der Bundesrat und der Nationalrat haben sich in den letzten Wochen für den mittelfristigen Ausstieg aus der Kernenergie ausgesprochen und damit ein grosses Echo ausgelöst. Der entsprechende Entscheid des Ständerates wird mit Spannung erwartet. Ein Diskussionspunkt ist immer wieder auch der Preis. Lassen Sie mich einige erste Gedanken zu diesem Thema anreissen.

Ein Verzicht auf den Atomstrom hätte eine Preiserhöhung von rund 20 bis 30 Prozent für elektrische Energie zur Folge, rechneten Experten vor. Für den Endkunden würde dies eine Verteuerung um etwa 10 bis 15 Prozent bedeuten. 

Als Preisüberwacher habe ich – gemeinsam mit der ElCom – die Regulierung des Strompreises sicherzustellen. Je nach Marktsituation habe ich auch mehr oder weniger mit anderen Energiepreisen zu tun: Erdöl- und Erdgaspreise, Fernwärme, Benzin und Diesel, ja sogar Holzschnitzel waren schon Thema bei mir. Deswegen vorab dies: Die internationale Entwicklung der Öl- und Gaspreise prägt meines Erachtens die Kosten der Wirtschaft und der Haushalte stärker als der jüngste Entscheid zum Atomausstieg. Weshalb? Weil die Kosten für die Stromproduktion noch stark von den Preisen der fossilen Energieträger abhängig sind. Dass wir es dabei mit einem internationalen Gross-Kartell – der OPEC – zu tun haben, sei nur am Rande bemerkt. Wichtig zu wissen ist jedoch:  Die schweizerischen Atomkraftwerke decken nur – aber immerhin -rund 10 Prozent des schweizerischen Gesamt-Energiebedarfs.

Wie ist ein allfälliger Ausstieg also aus preislicher Sicht einzuordnen?
Vorab: Die eigentliche Energie macht nur etwa einen Drittel des Strompreises aus: Grob gesagt bezahlt man von einem Franken für den Strom nur rund einen Drittel für die Energie. Rund 40 % fallen für Bau, Unterhalt und Betrieb des Netzes an.  Knapp 30 % fliessen der öffentlichen Hand (also Kantonen und Gemeinden) unter diversen Titeln zu. Deshalb: Auch wenn der „Ausstieg“ nun wochenlang die Schlagzeilen geprägt hat – die reale Bedeutung des Preises für elektrische Energie ist für Haushalte geringer, als man das auf den ersten Blick meint.  

Zudem bleibt noch Zeit: Bis zu einem definitiven Ausstieg aus der Kernenergie können wir Konsumentinnen und Konsumenten unseren Stromkonsum überdenken; einerseits, indem wir bei der Neuanschaffung von elektrischen Geräten auf deren Energieeffizienz achten und andererseits durch einen bewussten Konsum, respektive Verzicht.Je teurer der elektrische Energie wird, desto interessanter werden auch Investitionen in alternative Energien und Energiesparmassnahmen: Die Wirtschaft wird sich hier selbstregulierend anpassen.

Trotzdem besteht auch regulatorischer Handlungsbedarf: Die bestehenden Netze sind zu Effizienzsteigerung anzuhalten; wird Investitionsbedarf geltend gemacht, so gilt es diesen kritisch zu hinterfragen. Mitnahmeeffekte sind zu verhindern und auch die aktuellen regulatorischen Randbedingungen können noch verbessert werden; Lenkungsabgaben sind wirtschaftsverträglicher und deshalb Subventionen, steuerähnlichen Abgaben oder gar Rationierungen vorzuziehen.

Für diese Ziele stehe ich ein. Weder die Stromproduzenten noch die Netzbetreiber sollen im Windschatten eines Atomausstieges überhöhte Gewinne erzielen können. Und besonderes Augenmerk gilt unserem produzierenden Wirtschaftssektor: Günstige Strompreise können für gewisse stromintensive Betriebe überlebenswichtig sein. Hier sind spezielle Massnahmen zu ergreifen, um die internationale Konkurrenzfähigkeit dieser Betriebe nicht unnötig zu gefährden.

Für uns Konsumenten heisst es aber auch: Ohne Sparanstrengungen geht es nicht. Energie ist ein wertvolles Gut, das uns die Natur immer noch relativ günstig zur Verfügung stellt. Denn der billigste Strom ist immer noch derjenige, den man gar nicht konsumiert!

Bildquelle: Wikimedia/Felix König

Kommentare (4) -

  • Samuel Mettler

    21.06.2011 12:41:00 |

    Herzlichen Dank für diesen interessanten und relativierenden Beitrag!

  • Markus Saurer

    22.06.2011 10:43:27 |

    Die Aussagen des Preisüberwachers sind nicht nur in vielen Punkten ökonomisch und technisch-ökonomisch zumindest fragwürdig, sondern stellen auch eine unzulässige Kompetenzüberschreitung einer Bundesbehörde dar. Meines Erachtens muss BR Schneider-Ammann, der administrativ für die Preisüberwachung zuständig ist, eingreifen.

  • Markus Saurer

    22.06.2011 11:45:31 |

    und noch was: auch der Preisüberwacher in der Karaokeshow: Die Schweiz sucht den grünen Superstar... (die Idee der Show stammt vom Philosophen Ludwig Hasler).

  • Christiano Safado

    25.06.2011 15:12:09 |

    In seinem Artikel blendet der Preisüberwacher aus, dass die Stromkosten vom Mieter und nicht vom Vermieter bezahlt werden. Der Vermieter hat also gar keinen Anlass, die beim Mieter in Wohnung und Haus gestellten alten Stromfressern zu ersetzen. Betroffen sind insbesondere Rentner, die von Ergänzungsleistungen leben und sich deshalb eine Wohnung bis max. Fr. 1'000.-- leisten können. Zudem ist festzuhalten, dass wir bereits schon einmal mit der Erhöhung der Stromkosten übers Ohr gehauen wurden, nämlich mit der "verunfallten" Energiepolitik von Moritz Leuenberger. In einigen Kantonen bezahlt man seitdem fast das Doppelte an Stromkosten. Und wie hoch die zukünftigen Strompreiserhöhungen sein werden, ist nicht absehbar insbesondere dann, wenn der Stromkonsum noch mit Lenkungsabgaben gesteuert werden soll. Eine erneute Verdoppelung der Stromkosten wird wahrscheinlicher als eine Erhöhug von lediglich 10% bis 15% sein. Das wird dazu führen, dass nicht nur die 20% der in Armut oder am Rande des Existenzminimums lebenden Personen in (noch grössere) Schwierigkeiten geraten, sondern weitere 30% an den Rande des Existenzminimums gedrückt werden.  

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