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Ideologie kann teurer sein als Pragmatismus

Grossbritannien hat wie kein anderes Land Erfahrung auf dem Gebiet von Privatisierungen. Allgemein wird „Privatisierung“ häufig als Zauberformel für Effizienz, gute Preis-Leistungsverhältnisse und Dienstleistungsqualität gehandelt. Wie man in der NZZ vom 20.3.2012 liest, herrscht grosse Ernüchterung im vereinigten Königreich nachdem Bilanz gezogen wurde. Mehrkosten in zweistelligen Prozentbereichen und Traumrenditen für die Unternehmen, die Aufgaben des sog. Service Public übernommen haben, sind das Ergebnis der Privatisierungswelle. Das ist eine harte Landung für Ideologen.

Aber ist es wirklich eine solche Überraschung? Was ist der Unterschied im Verhalten von privaten und öffentlichen Unternehmen, wenn kein Wettbewerb vorhanden ist?
Beim Service Public, der von der öffentlichen Hand bereitgestellt wird, geht es darum für die gesamte Bevölkerung definierte Infrastrukturen und Dienstleistungen bereitzustellen, zu betreiben und zu unterhalten. Gewinne sind im Idealfall nur in dem Umfang angestrebt, wie sie für die Aufrechterhaltung bzw. den Ausbau der Infrastrukturen/Dienstleistung gebraucht werden. Oberstes Ziel ist also das Gemeinwohl.

In privaten Unternehmen haben Shareholder das Sagen, das heisst Menschen, die in das Unternehmen investiert haben, in der Absicht eine (möglichst hohe) Rendite dafür zu erhalten. Was steht diesem Ansinnen im Weg, wenn es keine Alternativanbieter gibt? Genau nichts. Deshalb müssen Kontroll- und Regulierungsmechanismen geschaffen werden, die eben dies verhindern. So sind z.B. öffentliche Ausschreibungen, die mit diversen Auflagen verbunden sind ein gangbarer Weg.

Guter Plan, nur hat er sich in der Praxis nicht immer bewährt. Das sieht man an Traumrenditen von 15-30% britischer Privatunternehmen (Quelle: Peter Rasonyi, NZZ, 20.3.2012), die öffentliche Aufgaben übernommen haben. Die Gretchen Frage ist: Hat sich auch der Service Public traumhaft unter der Leitung von privaten Unternehmen entwickelt? Mitnichten. Die Eisenbahnprivatisierung in Grossbritannien war ein einziges Fiasko - hohe Kosten, schlechte Wartung und Reparaturen, vermeidbare Unfälle, Dienstleistungen auf unterstem Niveau. In der Folge wurde das Schienennetz wieder verstaatlicht. Ähnlich trüb ist die Bilanz der Privatisierung der Wasserversorgung. Es drängt sich unweigerlich die Frage auf, wie also soll der Service Public in seinen verschiedenen Facetten, Aufträgen und Ausprägungen organisiert werden? Ist die Privatisierung in jedem Fall vorzuziehen?

Hilfreich erscheint mir ein Blick auf die Ziele solcher Ansinnen. In Grossbritannien wollte die Staatskasse, durch den Verkauf des Staatseigentums zusätzliches Einkommen generieren.
In unserem Land ist kein treibendes Interesse erkennbar, einen Service Public beispielsweise aus Finanznot zu privatisieren. Vielmehr ist hier die Frage: Wer kann es besser? Der private oder der öffentliche Unternehmer?

Die Erfahrung zeigt, ohne klar definierten Leistungsauftrag wird, sowohl der private als auch der öffentliche Anbieter eigene Ziele verfolgen statt das Gemeinwohl zu maximieren. Öffentliche Unternehmen tendieren eher dazu, übermässig zu investieren. Private maximieren naturgemäss ihren Gewinn im Zweifelsfall zulasten von Qualität oder Angebot. Beides ist aus volkswirtschaftlicher Sicht weder zielführend noch effizient. Wie diesen gordischen Knoten lösen? Wie bringt man flächendeckenden Service Public mit den Zielen Effizienz, Qualität und Verhältnismässigkeit in Einklang?

Ich finde es fraglich, ob die Besitzverhältnisse das entscheidende Kriterium sind für die Optimierung dieser Ziele. Meines Erachtens ist wirksamer Wettbewerb hierfür wesentlich entscheidender. Echte Liberalisierungen, bei denen am Ende des Tages mehrere Anbieter in den Markt eintreten und konkurrierende und/oder komplementäre Dienstleistungen erbringen wollen, sind die Voraussetzung dafür. Sogenannte Feigenblatt-Liberalisierungen hingegen, wie derzeit bei der Post zu beobachten, nutzen wenig. Sie sind wie eine Olympiade im Stabhochsprung - mit verschieden langen Stäben.

Eine Tatsache ist, dass Liberalisierungen nicht in jedem Fall möglich sind. Wofür soll man sich also entscheiden? Die Wahl ist schlimmstenfalls die zwischen Pest und Cholera.

Mein Fazit ist daher: Ein Rezept sind echte Liberalsierungen. Sind sie durchgeführt, ist es weitgehend sekundär, in welchen Besitzverhältnissen sich die Leistungserbringer befinden. In nicht liberalisierten oder liberalisierbaren Situationen muss der Staat stark und klar regulieren, bei Unternehmen privaten Rechts genauso wie bei Unternehmen öffentlichen Rechts.

Kommentare (1) -

  • Markus Saurer

    10.12.2012 14:31:43 |

    Da bin ich doch tatsächlich schon wieder mit dem Preisüberwacher einverstanden. Grundsätzlich. Aber soviel ich weiss, gibt es keine Ideologie, die nicht-kompetitive Bereiche privatisieren will. Der Streit dreht sich in der Regel eher darum, wo Wettbewerb als Ordnungsprinzip überhaupt wirksam sein kann und wo nicht. Und wenn ein Bereich erfolgreich dem Wettbewerb geöffnet wird, dann spielen die Besitzverhältnisse sehr wohl eine Rolle.

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