Im September dieses Jahres hatte ich im Blick eine Kolumne publiziert, die das Thema Kostenabrechnungen der Zusatzversicherungen aufgegriffen hat. Darin kritisierte ich einerseits, dass die Mehrleistungen, welche die zusatzversicherten Patienten zugute haben, nirgends definiert sind. Mein zweiter Kritikpunkt war, dass Privat- und Halbprivatversicherten Patienten trotz Fallpauschalen, die von der obligatorischen Grundversicherung getragen werden, oftmals ein Mehrfaches der eigentlichen Fallpauschale in Rechnung gestellt werden. Diese Doppelverrechnungen belasten seit vielen Jahren die Zusatzversicherer enorm und schaffen Fehlanreize, unnötige Behandlungen bei dieser Patientengruppe durchzuführen. Da auch die unnötigen Behandlungen über die Fallpauschalen der Grundversicherung abgerechnet werden, verschärft dieser Fehlanreiz auch den finanziellen Druck auf die Grundversicherung und trägt dazu bei, dass die Krankenkassenprämien unnötig steigen.
Ich bin ist auf der Seite der Leistungserbringer ebenfalls tätig geworden, indem ich Einfluss auf die Preise Seitens der Spitäler genommen haben – zum Beispiel beim Spital Thun (vgl. Einvernehmliche Regelung Preisüberwacher/Spital Thun ). Zur Zeit laufen hier weitere Arbeiten im Rahmen einer Marktbeobachtung. Schliesslich hatte bereits die Expertengruppe Kostendämpfung (vgl. https://www.newsd.admin.ch/newsd/message/attachments/50084.pdf . M 28 Seite 77 ff.) des EDI und darauf aufbauend der Bundesrat das Thema aufgegriffen und – zurecht – Druck gemacht. Darüber habe ich bereits früher gebloggt.)
Die FINMA hat die Situation nun ausführlich analysiert und kommt zum Schluss, dass die Rechnungen im Bereich der Krankenzusatzversicherung häufig intransparent sind und zum Teil unbegründet hoch oder ungerechtfertigt scheinen. Sie fordert die Behebung der Missstände und wird erst danach die neuen Spitalzusatzversicherungsprodukte genehmigen.
Die FINMA schreibt, dass Vor-Ort-Kontrollen zeigten, dass Arzt- und Spitalrechnungen in der Krankenzusatzversicherung zum Teil unbegründet hoch oder ungerechtfertigt schienen. In vielen Leistungsabrechnungen wurde nicht ersichtlich, welche Mehrleistungen der Zusatzversicherung in Ergänzung zur definierten Fallkostenpauschale aus der Obligatorischen Krankenpflegeversicherung (OKP) in Rechnung gestellt wurden. Die FINMA zieht daraus den Schluss, dass die Versicherer nicht effektiv kontrollieren können, inwieweit die vergüteten Kosten im Verhältnis zu den tatsächlich erbrachten Zusatzleistungen angemessen sind. Die konkret beanstandeten Punkte können hier nachgelesen werden.
Die FINMA hält auch fest, dass derzeit nicht beziffert werden kann, in welcher Grössenordnung sich die zu hoch verrechneten Leistungen im Bereich der Spitalzusatzversicherungen bewegen. Sie geht jedoch von einem signifikanten Betrag aus, der den Prämienzahlern nicht belastet werden sollte. Deshalb formuliert sie die klare Erwartung an die Zusatzversicherer, nur noch Abrechnungen für echte Mehrleistungen ausserhalb der obligatorischen Krankenzusatzversicherung zu akzeptieren und sicherzustellen, dass die verrechneten Kosten in einem angemessenen Verhältnis zu den tatsächlichen Mehrleistungen stehen. Künftig werden die Versicherer ihr gegenüber den Nachweis erbringen müssen, dass sie diese Grundsätze einhalten und wirksame Kontrollen zur Verhinderung ungerechtfertigter Abrechnungen bestehen.
Die FINMA formuliert ihre Erwartungen an die Versicherer wie folgt:
Die Versicherer müssen dafür sorgen, dass die Leistungserbringer transparente und nachvollziehbare Abrechnungen erstellen.
• Die Versicherer dürfen nur für Leistungen aufkommen, die wegen Mehrleistungen gerechtfertigt sind, die also über die in der OKP gedeckten Leistungen hinausgehen und preislich begründbar sind. Dafür sollen sie für vergleichbare Leistungen z. B. Quervergleiche mit anderen Leistungserbringern anstellen.
• Die Versicherer sollen wo nötig die Verträge mit den Leistungserbringern anpassen oder neue Verträge abschliessen, um diesen Kriterien Rechnung tragen zu können.
• Die Versicherer haben, soweit nicht bereits geschehen, ein wirksames Controlling aufzubauen, das sicherstellt, dass die erwähnten Anforderungen umgesetzt und permanent eingehalten werden.
Wenn diese entschiedenen Forderungen der FINMA konsequent umgesetzt werden, werden wir die Grössenordnung der Einsparungen und damit das Ausmass des Missstandes kennenlernen. Ich begrüsse dieses Vorgehen und sehe es als wichtiges und richtiges Signal an die Spitäler und Versicherer, dass die Zeit der Ausnützung von Spielräumen oder Regulierungslücken nun endgültig abläuft. Auch ich bleibe am Thema dran!
Quelle und weitere Informationen: Medienmitteilung FINMA 17.12.2020: Krankenzusatzversicherer: FINMA sieht umfassenden Handlungsbedarf bei Leistungsabrechnungen