Wie denn eigentlich? Hat es doch ein echtes Cassis de Dijon in der Schweiz nie gegeben!
Die Neue Luzerner Zeitung schreibt am Dienstag (26.8.2014): „Viel hatte man sich von Cassis-de-Dijon-Prinzip versprochen. Seit Juli 2010 können – mit gewissen Einschränkungen – Produkte, die in der EU zugelassen sind, auch in der Schweiz ohne zusätzliche Auflagen verkauft werden.“ Mit gewissen Einschränkungen – ein kleiner Einschub, der den ganzen Unterschied macht. Denn es ist keineswegs so, dass in der EU zugelassene Lebensmittel ohne weitere Prüfung ihren Weg auf Schweizer Tische finden.
Die Realität sieht so aus, dass der Import von EU-Lebensmitteln beim Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (BLV) beantragt werden muss. Erst nach dieser Prüfung und wenn nicht eine der zahlreichen Ausnahmen vom Prinzip zur Anwendung kommt, kann das betreffende Lebensmittel importiert werden. In den letzten 4 Jahren war das für nicht mal 50 Produkt-Kategorien der Fall. Wen wundert es da ernsthaft, dass bisher keine Spareffekte zu bemerken sind?
Cassis de Dijon ist in der heutigen Praxis nichts Halbes und nichts Ganzes. Wenn man einem Sprinter Fussfesseln anlegt, muss man sich auch nicht beschweren, dass er keine Rekorde rennt.
Bevor wir Cassis de Dijon für die Lebensmittel schon wieder beerdigen, sollten wir dem Prinzip eine ernsthafte Chance geben! Was EU-Bürger ohne Schaden für die Gesundheit zu sich nehmen dürfen, sollte doch auch für uns Schweizer unbedenklich sein. Der Einkaufstourismus in die EU beweist, dass viele Schweizer EU-Lebensmittel ohne jede Bedenken geniessen.
Was ist der Mehrwert einer erneuten Prüfung in der Schweiz? Dass unsere hohen Ansprüche an die Qualität erfüllt werden? Ich bin der Meinung, das ist eine Art der Bevormundung, die ein mündiger Bürger nicht braucht. Ein niedriger Fruchtanteil im Sirup - will ich das oder nicht? Ich fühle mich durchaus in der Lage das selbst zu entscheiden. Mehr Wasser im Schinken, dafür zum günstigen Preis? Warum nicht? Besser als keiner, wenn das Budget schmal ist. Was ich damit sagen will ist, dass diese Entscheidungen jeder für sich selbst treffen kann und soll. Dafür brauchen wir den Staat nicht. Niemand wird gezwungen, etwas zu kaufen, das er nicht will. Im Zweifel gäbe es einfach mehr Auswahl. Das fördert den Wettbewerb und belebt das Geschäft. Und vielleicht würden so Gelder, die sonst in den Einkaufstourismus fliessen, wieder im Land ausgegeben werden. Somit ist die Forderung einiger Lobbyisten Cassis de Dijon für die Lebensmittel wieder abzuschaffen, ein kontraproduktiver Hintertür-Protektionismus, der im Zweifel den Einkaufstourismus noch weiter befeuert.
Ich halte dagegen und fordere, dass man aufhört, sich hinter einem wohlklingenden Namen zu verstecken und das Prinzip für die Lebensmittel endlich richtig einführt.
Im öffentlichen Verkehr werden nächstes Jahr zwei interessante Produkte neu eingeführt:
Ein Abend-GA wird für 3 Monate im Pilotversuch verkauft. Es hat eine Laufzeit von 6 Monaten und funktioniert wie ein „normales GA“. Es ist die ganze Woche jeweils nach 19 Uhr gültig. So kann man zeitlich flexiblen Kunden preislich entgegenkommen und gleichzeitig die Verbindungen während den Hauptverkehrszeiten entlasten. Wenn das wie geplant funktioniert, gewinnen alle Kundinnen und Kunden. Ein Beispiel gefällig: Am Freitag um 19.02 Uhr von Bern nach Lugano (an: 22.47 Uhr). Am Sonntag zurück - 19.12 Uhr ab Lugano, Ankunft in Bern 23.00 Uhr.
Weiter wird es auf den 50 top Fernverkehrsverbindungen (siehe Einvernehmliche Regelung mit dem VöV, Anhang 1, S.6) täglich 5000 “Rabatttickets“ geben: Auf diese Tickets werden Preisnachlässe in Höhe von 30 – 50 Prozent gewährt. Sie sind personen- und vorerst auch zuggebunden. Die Zugbindung ist laut SBB leider vorderhand noch notwendig. Ich bedauere das sehr. Immerhin: Sie sollte spätestens im ersten Quartal 2016 aufgeboben werden.
Rabatttickets, Spartickets – wo ist da der Unterschied?
Ich bin kein ausgesprochener Fan der bisherigen Spartickets: Wenig Transparenz, mal kleinere mal grössere Sparbeträge, die Zugbindung und die Vorverkaufsfristen. Aus meiner Sicht ist die Attraktivität dieses Produkts fragwürdig und wahrscheinlich ist es auch nicht anders gewollt.
Anders sieht es für die Rabatttickets aus. Dort haben wir einen zusätzlichen Anreiz eingebaut! Es ist im Interesse der SBB diese Tickets so zu gestalten, dass sie stark nachgefragt werden. Denn die SBB und ich haben ausgehandelt, dass den Kunden jährlich 29.2 Mio. CHF über Preisermässigungen zurück erstattet werden müssen. Sollte diese Summe über die Rabatttickets nicht erreicht werden, muss die SBB im darauffolgendem Jahr den Restbetrag über 50% Reduktionen auf 9-Uhr-Karten mit Halbtax weitergegeben. Was angesichts des vereinbarten Preises von 29 Stutz pro Tageskarte (z.B. für die Retour-Fahrt von Bern nach Lugano) ein Zusatzaufwand ist, den man sicher lieber sparen würde.
Erwerben können Sie die neuen Tickets ab Dezember diesen Jahres - im Internet, über die Mobile App und am Schalter. Einzig am Automaten wird man sie nicht beziehen können.
Ich würde mich freuen, wenn Sie mir von Ihren Erfahrungen mit dem Abend GA bzw. mit den Rabatttickets berichten!
Bildquelle: MS Office, Cliparts