Ein Bonmot sagt: «Man braucht immer rund zehn Jahre, um sich an sein Alter zu gewöhnen.» Auch in der Wirtschaft gibt es gewöhnungsbedürftige Phänomene. So haben wir uns – zwar zähneknirschend – daran gewöhnt, dass die Preisentwicklung im öV nur eine Richtung kennt.
Diese unliebsame Routine sollte nun bald ein jähes Ende finden: Denn der Bundesrat hat heute beschlossen, dass die Trassenpreise ab 2021 sinken werden. Das hat zur Folge, dass die Verkehrsunternehmen im Personenverkehr weniger für die Nutzung der Infrastruktur zahlen müssen. Im Fernverkehr und Regionalverkehr entspricht das zusammen rund 60 Millionen Franken an jährlichen Minderkosten. Das BAV erwartet, dass die Einsparungen über die Tarife an die Kunden weitergereicht werden. (vg. Punkt 4.5)
Wenn man das selbe Tempo zugrunde legt, mit dem die Trassenpreiserhöhungen der letzten Jahre an die Kunden weitergegeben wurden, dann sollten die nun folgerichtigen Preissenkungen nicht lange auf sich warten lassen. 2017 musste hauptsächlich der Fernverkehr die Mehrkosten stemmen – doch bei den Preiserhöhungen haben auch alle anderen mitgezogen: Trams, Busse oder S-Bahnen. Die Trassenpreise wurden vor 2 Jahren um 100 Millionen Franken erhöht. Die Branche setzte Preiserhöhungen von 3% auf die Billettpreise durch. 2012 waren es gut 5% bei einer Trassenpreiserhöhung von 200 Millionen Franken.
Nun wird es Trassenpreissenkungen im Personenverkehr in Höhe von rund 60 Millionen Franken geben. Wenn man die bisherige Logik zugrunde legt, resultieren daraus Preissenkungen von rund 2%. Bezieht man alle weiteren Faktoren, die ebenfalls für Preissenkungen sprechen in die Rechnung ein, dann müssten mindestens 2% tiefere Billettpreise für die Kundinnen und Kunden herausschauen.*
Meine Aufgabe als Preisüberwacher ist es, bei den ÖV-Preisen ein wachsames Auge zu haben. Ich bin gespannt, wie meine diesbezügliche Anfrage an die Branche vom August 2019 beantwortet wird. Ich kann Ihnen versichern, ich bleibe an diesem Thema dran.
* Warum hier ein mindestens steht? Das können Sie in meinem Blog : Sind die GA-Diskussionen bloss eine Rauchpetarde? vom Mai oder in meinem Newsletter 3/2019 nachlesen.
Medienmitteilung des Bundesrats
Communiqué du Conseil fédéral
Comunicato stampa del Consiglio federale