Das fragte mich ein Meldender, der tĂ€glich von BĂŒren an der Aare nach Bern pendelt. Sein bisheriges Jahresabo des âliberoâ-Tarifverbundes kostete im letzten Jahr CHF 2â138, dieses Jahr muss er fĂŒr selbiges CHF 2â584 berappen. Als BegrĂŒndung fĂŒr die ĂŒber 20 prozentige Tariferhöhung gibt der Verbund an, dass nun 7 Zonen statt bisher 6 Zonen bereist werden können. Tolle Sache â fĂŒr die Leute, die das nutzen können und wollen! FĂŒr alle anderen â die wohl deutlich in der Mehrheit sind heisst das: Mehr zahlen fĂŒr eine Leistung, die sie nicht in Anspruch nehmen.
TarifverbĂŒnde entsprechen unserem globalisierten Zeitgeist: Sie verbinden geographische RĂ€ume, die Tarife können ĂŒbersichtlich abgerufen werden, ein Ticket fĂŒr alles und man kann los. Klingt zunĂ€chst gut aber was hier so positiv vermarktet wird, hat einen grossen Haken.
Die Schweiz ist kein Land mit vielen grossen, weitlĂ€ufigen Zentren und angeschlossener Agglomeration. Der wesentliche Vorteil eines Tarifverbundes besteht darin, dass Pendler die Möglichkeit haben, in regionalen Zentren, ohne Erwerb eines zusĂ€tzlichen Billets, auf die stĂ€dtischen Verkehrsbetriebe umsteigen zu können. Falls ein erheblicher Teil der Pendlerinnen und Pendler von dieser Möglichkeit ausgiebig Gebrauch macht, ist ein Tarifverbund aus Kundensicht sinnvoll. Ausserhalb der Zentren, wo man normalerweise mit einem Transportmittel von A nach B fĂ€hrt, stellt der Zonentarif, der ĂŒber dem bisherigen Tarif fĂŒr Einzel- oder Mehrfahrkarten liegt, fĂŒr die Kunden de facto nichts anderes als eine ungenutzte Zusatzoption dar, die im Gewand einer Preiserhöhung daher kommt.
Die Kombination von Strecken- und Zonenbillett oder reine Streckenbilletts wĂŒrde fĂŒr viele Nutzer mehr Sinn machen. Das sogannte ClipAbo ist jedoch frĂŒhestens ab 2017 geplant. Das bestehende Inter-Abo fĂŒr Pendler ist nur sehr beschrĂ€nkt erhĂ€ltlich, z.B. fĂŒr die Strecken Thun und Fribourg nach Bern oder von NeuchĂątel nach Biel, nicht jedoch innerhalb des Tarifverbunds libero (also z.B. zwischen Biel und Bern). Insbesondere bei den Pendlern kommt man nicht darum herum festzustellen, dass in einigen FĂ€llen kaum Bezug zwischen dem VerhĂ€ltnis der gefahrenen Strecke und dem bezahlten Tarif besteht.
Stossend ist auch, dass die Nutzer zwar den höheren Preis fĂŒr die Zonenbillette bezahlen, aber dennoch nicht von allen Vorteilen die diese normalerweise mit sich bringen, profitieren können. Grund dafĂŒr ist die sogenannte Schnellzugsregelung.
Ein Beispiel: Nehmen wir an, Sie wohnen in ZĂŒrich und besitzen ein gĂŒltiges Jahresabonnement bis Killwangen-Spreitenbach. Wenn Sie nun mal nach Aarau fahren möchten, dann fahren Sie durch vier bereits gelöste Verbundzonen (Ihr Jahresabo bis Killwangen-Spreitenbach) und verlassen dann den Verbund Richtung Aarau. Wenn Sie glauben, Sie mĂŒssen nun nur die Strecke ab Killwangen-Spreitenbach lösen, dann aufgepasst: Die Strecke wird von einem RegioExpress bedient und in dem mĂŒssen Sie fĂŒr die gesamte Strecke ein durchgehendes Billett gelöst haben. Das heisst, Sie zahlen einen Teil der Strecke doppelt. Nehmen Sie hingegen die S-Bahn, dann zahlen Sie tatsĂ€chlich erst fĂŒr die Strecke ab Killwangen-Spreitenbach â was natĂŒrlich sehr viel gĂŒnstiger ist.
Diese Regelung ist ein Relikt, das nicht mehr in die heutige Tariflandschaft passt. Das bis dato ungelöste Problem hat seinen Ursprung in der Verteilung der Ticketeinnahmen und fĂŒhrt zu diesen aus Kundensicht unakzeptablen und unnachvollziehbaren Preissituationen.
Last but not least, gibt es neu geschaffene Zonen, die zu teils drastischen Preiserhöhungen fĂŒhren aber am Ende des Tages aus nur sehr wenigen bzw. manchmal auch gar keinen neuen Haltestellen (Stichwort: Zone 51 vor Engelberg) bestehen. Gerade Familien können ganz schnell an ihre Budgetgrenzen stossen, wenn als Resultat von neuen Zoneneinteilungen fĂŒr Schule und Arbeitsweg bis zu 50% mehr zu bezahlen sind - fĂŒr ein und dieselbe Strecken notabene.
Der regionale Verkehr wird von der öffentlichen Hand subventioniert. Das heisst, die Fahrpreise werden in aller Regel nicht kostendeckend erhoben. Deshalb werden insgesamt betrachtet auch keine missbrĂ€uchlich hohen Gewinne erwirtschaftet. Und doch mehren sich die Meldungen, welche ein MissverhĂ€ltnis zwischen Preis und in Anspruch genommener Leistung beklagen. Die viel beworbenen Vereinfachungen, finden sich in der RealitĂ€t nicht immer wieder. Der Unmut der Nutzer wĂ€chst â wie ich der Anzahl und dem Inhalt der Meldungen, die bei mir eingehen, entnehme. Aus meiner Sicht herrscht akuter Handlungsbedarf! Die Schnellzugregelung sollte schnellstmöglich abgeschafft werden. Die Preise mĂŒssen klar im Zusammenhang mit den gefahrenen Kilometern stehen. Ab einer gewissen Distanz muss es trotz Tarifverbund möglich sein, nur ein Billett von Bahnhof zu Bahnhof zu kaufen und zu bezahlen. FĂŒr die Nutzer der Kombiangebote braucht es flexible Lösungen wie ausgeweitet Interabos bzw. so rasch wie möglich das Clipabo.
Die Branche ist gefordert â und zwar jetzt, und nicht erst morgen.
Bildquelle: MS Office, Cliparts