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öV – Kosmetik nützt hier nichts mehr

Dieser Text ist Teil einer Serie von 5 Blogs. Ich starte heute mit Teil 1. Die weiteren Teile erscheinen in loser Folge in den nächsten Tagen.
 
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Hinter geschlossenen Vorhängen: Was Ihnen keiner sagt, Sie aber unbedingt wissen sollten.
 
Die öV-Branche hat strukturbedingt schwerfällige Prozesse mit vielen involvierten Stellen, was sich nicht zuletzt bei den Tarifen zeigt. Das ist nicht neu. Auch nicht neu ist, dass sich mit der Digitalisierung bei den öV-Tarifsystemen einiges verändern wird.

ABER ich zweifle, ob die derzeit stattfindenden Diskussionen, z.B. um GA-Preise, Sparbillette etc., geeignet sind, unseren öV tariflich fit für die Zukunft zu machen. Denn die eigentliche Frage, um die alle Beteiligten herum manövrieren und sich trotzdem in Stellung zu bringen versuchen, lautet:

Wohin geht die Reise: Werden wir künftig ein Zonenland, werden wir ein Streckenland, ein Mix aus beidem oder etwas ganz Anderes sein?

Ich bin der Meinung, dass diese Grundsatzfrage nicht nur von den Transportunternehmen und Subventionsgebern beantwortet werden sollte. Besonders die (Verkehrs-) Politik und Aufsichtsbehörden sind nun gefordert, die Kundeninteressen im Auge zu behalten und wenn nötig Rahmenbedingungen und Erwartungshaltungen zu formulieren.

Unser öV-System unterscheidet zwischen Regional- und Fernverkehr und zwischen nationalem Direktem Verkehr (DV) und regionalem Direktem Verkehr (Verbünde). Unterschiedliche Finanzierungen, mal gleiche Preise, dann wieder verschiedene Preise – je nachdem, ob man im nationalen Direkten oder im regionalen Direkten Verkehr unterwegs ist. Schnittstellen, Intransparenz und Inkonsistenz, unterschiedliche Preise für gleiche Leistungen sind die Folge. Der Laie hat keine realistische Chance das System in jedem Fall verlässlich nachzuvollziehen und für sich zu nutzen. (Mehr zum Thema finden Sie in diesem Blog). Nicht unerwähnt bleiben soll in diesem Zusammenhang, dass seit Einführung des nationalen Schwarz- bzw. Falschfahrer-Registers im April 2019, bereits fast 300'000 Personen* registriert wurden. Man kann davon ausgehen, dass ein (guter) Teil dieser Menschen im besten Glauben, im Besitz eines gültigen Billetts zu sein, unterwegs war. Deshalb ist diese eindrückliche Zahl wohl auch ein Indiz für das Nichtbeherrschen des Systems durch die Nutzer.

Die Probleme sind offensichtlich. Auch der Bund hat das erkannt.
Das Bundesamt für Verkehr (BAV) hat eine unmissverständliche Anforderungen an die Branche formuliert: Es soll sehr bald nur noch eine einheitliche, kundenfreundliche und effiziente nationale Grundlage zur Preisberechnung geben.**

Eine Generalüberholung des Preissystems ist also gefordert und unumgänglich. Das BAV sieht vier grundsätzlich mögliche Varianten:

1) Man behält das heutige System bei, eliminiert jedoch die Probleme.

Das würde bedeuten, dass die Zonen- und Streckenbillette weiterhin co-exisitieren. Anforderung des BAV ist, es soll nur noch eine schlanke, einfach verständliche, und kundenfreundliche nationale Grundlage der Preisberechnung zur Anwendung kommen.
In einer solchen Konstellation wäre es aus meiner Sicht besonders wichtig, dass bei der Lösungsfindung in erster Linie die Kundenbedürfnisse berücksichtigt werden und erst danach die Bedürfnisse der beteiligten Anbieter.

2) Man wählt das Streckenmodell für das gesamte Land.

Streckenbillette sind ein Basismodell: Man zahlt, was man fährt. Zusatznutzen gibt es keine. Die Preisbasis sind die Tarifkilometer. Sie beinhalten allfällige Distanzzuschläge, die z.B. aus der Topographie der Strecke resultieren. Der Normalpreis für eine Strecke von A nach B hängt also einzig von den gefahrenen Tarifkilometern ab.

3) Man macht die Schweiz zu einem Zonenland.

Die Idee der Zonenbillette stammt aus einer Zeit vor den heutigen technischen Möglichkeiten. In meinen Augen ist ihr Ziel primär die Vereinfachung – vor allem für Pendler. Man wollte ein System schaffen, mit dem man unkompliziert die Stadt mit der Agglomeration verbinden konnte. Das Ergebnis ist eine Paketlösung: Statt sich auf Haltestellen festzulegen, löst man Zonen und kann innerhalb derer und einer vorgegebenen Zeit den gesamten öV nutzen. Das vereinfachte System hat jedoch einen Preis: Es schafft eben auch Gewinner und Verlierer, denn man zahlt den Paketpreis unabhängig davon, ob man das Paket ganz, teilweise oder nur minimal nutzt. Da die Verbünde in der Vergangenheit stark gewachsen sind, gewinnt das Thema Preisgerechtigkeit hier an Bedeutung.

4) Man erfindet das Rad neu

In diese Kategorie würden zum Beispiel Vorschläge wie zeitlich abgestufte Tarife fallen.


Ich möchte der Kreativität der Branche nicht vorgreifen, deshalb beschränkte ich mich in den nachfolgenden Blog-Beiträgen darauf, die Kosten - und daraus resultierende Preisprobleme, die aus Sicht der Kunden unbedingt eliminiert werden sollten - aufzuzeigen.

Wichtigste Rahmenbedingungen aus meiner Sicht ist jedoch:
Die Kundenbedürfnisse müssen ins Zentrum der Diskussion gestellt werden. Das Ziel muss sein, ein nachvollziehbares System zu schaffen, das in erster Linie den Bedürfnissen der Kunden dient und das langfristig bezahlbar ist.

 

 

* Vgl.: https://www.tagblatt.ch/schweiz/277000-personen-bereits-erfasst-was-du-ueber-die-schwarzfahrer-datenbank-wissen-musst-ld.1143752 vom 16.8.2019, Stand August: 277'000 registrierte Personen.
** nicht veröffentlichtes Genehmigungsschreiben des BAV gerichtet an ch-direct und die öV-Verbünde zum Ue500 Version 2 vom 27. Mai 2019 (Aktenzeichen wro/BAV-312.00-00010/00001/00016).


 

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