Es ist wieder Saison für die einheimischen Landwirtschaftsprodukte in den Supermarktregalen. Wunderbar frische Gemüse, reife Früchte, knackiger Salat. Was will man mehr? Das kann ich Ihnen sagen: Das Ganze zu günstigeren Preisen ...
Wieso sind die in der Schweiz gewachsenen Produkte so viel teurer als die importierten? Die Antwort ist vielschichtig. Eine Tatsache ist jedoch, dass es in der Vergangenheit immer wieder Absprachen gegeben hat, die hohe Kosten bei den Landwirten verursacht haben. So hat die Wettbewerbskommission WEKO gerade ein Landtechnik Unternehmen sanktioniert (siehe https://www.weko.admin.ch/weko/de/home/aktuell/medieninformationen/nsb-news.msg-id-75834.html), dass unzulässige Wettbewerbsabreden getroffen hatte. Das Unternehmen agiert als Generalimporteur für verschiedene Landmaschinen-Marken - es verkauft also Traktoren, Maschinen und andere landwirtschaftliche Geräte. Gemäss der WEKO hatte das Unternehmen aktiv Parallelimporte verhindert, indem sie ihre Händler dazu verpflichtete, sämtliche Traktor-Ersatzteile einer bestimmten Marke bei ihr zu beziehen. Zusätzlich zu dieser Bezugspflicht bestand ein Anreizsystem, welches die Bezugsmenge von Ersatzteilen mit den Rabattkonditionen für Traktoren derselben Marke verknüpfte. In solch einem Klima gedeihen meist keine «guten» Preise, aber es wachsen die Kosten auf Seiten der Landwirte. Deshalb ist es richtig und wichtig, hat die WEKO diesem Treiben nun einen Riegel geschoben. Dennoch eine gewisse Ironie des Schicksals ist hier nicht zu leugnen: Eine Branche, die auf Marktschutz zu Hause setzt, wird von den Auswüchsen eben dieser Abschottung selbst geplagt. Darum gilt halt ganz grundsätzlich: Wettbewerb schafft eine bessere Kostensituation für die Landwirte, was dann auch Luft hinsichtlich der Endpreise schafft. Insofern freue ich mich sehr über diesen Entscheid und hoffe, dass viele Bauern spürbar davon profitieren werden.
Jedes Jahr erhalte ich rund 2’000 Meldungen von Bürgerinnen und Bürgern, von Unternehmen und Verbänden, die mich auf (hypothetisch) problematische Preisfestsetzungen hinweisen. Das Instrument der Publikumsmeldung ist denn auch explizit im Preisüberwachungsgesetz festgeschrieben. Die Bedeutung der Preisbeanstandungen besteht in erster Linie in ihrer Signal- und Kontrollfunktion: Signalfunktion insofern, als dass sie mir – einem Fiebermesser gleich – Probleme auf der Nachfrageseite anzeigen. Eine Kontrollfunktion haben Meldungen aus dem Publikum insbesondere mit Blick auf getroffene einvernehmliche Regelungen und Entscheidungen von mir; die entsprechenden Resultate lassen sich anhand einer Meldung der Öffentlichkeit «messen». Bürgerinnen und Bürger sowie Unternehmen und Konsumentenorganisationen können mich via Online-Formular (https://www.preisueberwacher.admin.ch/pue/de/home/dienstleistungen/preisbeanstandungen-und-mitteilungen-an-die-preisueberwachung/preisbeanstandung.html) oder postalische Zustellung (Preisüberwachung, Einsteinstrasse 2, 3003 Bern) erreichen. Eine Antwort kriegt jeder und jede.
Ich bin in meiner Funktion als Preisüberwacher insbesondere dort für eine Preisbeurteilung zuständig, wo sich die Preise nicht im wirksamen Wettbewerb gebildet haben, sondern durch eine marktmächtige Unternehmung, ein Kartell oder den Staat festgesetzt worden sind. Bestehen aufgrund einer Meldung Anhaltspunkte, für eine missbräuchliche Preiserhöhung oder –beibehaltung, so leite ich vertiefte Abklärungen ein. Komme ich dabei zum Schluss, dass ein eigentliches Preiskartell vorliegen könnte, leite ich das Dossier an die Wettbewerbskommission (WEKO) weiter, weil Preiskartelle heute ja mit einer gesetzlichen Unzulässigkeitsvermutung belegt sind. Die Untersuchung der Absprache und die Sanktionierung des unzulässigen Verhaltens ist dann Sache der WEKO.
Was eine Publikumsmeldung alles in Gang setzen kann, möchte ich Ihnen anhand des folgenden aktuellen Falls veranschaulichen:
Im Mai 2017 habe ich eine Bürgeranfrage erhalten, die sich über die überall ähnlich hohen Preise von Fahrstunden und dem Verkehrskundeunterricht bei den Fahrlehrern im Oberwallis ärgerte. Um dem Meldenden eine befriedigende Antwort zu erteilen, habe ich beim Fahrlehrerverband Oberwallis (FVO) eine Stellungnahme zu den vorgebrachten Vorwürfen eingeholt. Zumal mich die Antwort des FVO nicht restlos vom Fehlen der schriftlichen Abgabe einer unverbindlichen Preisempfehlung überzeugen konnte, habe ich eine Marktbeobachtung bei den Fahrlehrern im Oberwallis durchgeführt. Aufgrund der Antworten der Fahrlehrer bestand aus meiner Sicht ein begründeter Verdacht einer Preisabsprache im Bereich der Preise für die Fahrlektion sowie für den obligatorischen Verkehrskundeunterricht. Der Sachverhalt bezog sich nicht auf die Frage der Preishöhe, die nach dem Preisüberwachungsgesetz zu beurteilen ist. Für Abklärungen betreffend Abreden über die Festsetzung der Preise ist vielmehr die WEKO zuständig. Im September 2017 leitete ich das Dossier dem Sekretariat der WEKO weiter. Ein halbes Jahr später eröffnete das Sekretariat eine Untersuchung nach Kartellrecht gegen die Aktivmitglieder des FVO. In der Folge konnte die WEKO im März 2019 eine einvernehmliche Regelung mit sämtlichen Aktivmitgliedern des FVO abschliessen. Da sich die vermuteten Preisabreden zu den Tarifen des praktischen und theoretischen Fahrunterrichts durch die WEKO in der Untersuchung erhärteten, wurden die aktive Verbandsmitglieder wegen einer unzulässigen Preisabrede mit einer Geldzahlung von gesamthaft CHF 50'000.- sanktioniert (vgl. Medienmitteilung der WEKO https://www.weko.admin.ch/weko/de/home/aktuell/medieninformationen/nsb-news.msg-id-74193.html).
Dies zeigt: Publikumsmeldungen stellen für mich eine wichtige Informationsquelle dar. Meldungen, deren Inhalt Wettbewerbsbeschränkungen und Preismissbräuche vermuten lassen, können so auch über den Einzelfall hinausgehende Marktabklärungen auslösen und – wie im erwähnten Fall – gar als sanktionierbare Verhaltensweise aufgedeckt werden. Dies ist auch der hervorragenden Zusammenarbeit zwischen den beiden Wettbewerbsbehörden – der Preisüberwachung und der Wettbewerbskommission – geschuldet.
Dieser Tage belebt das sogenannte Elmex Urteil des
Bundesgerichts die Diskussion über sogenannte vertikale Abreden. Oder klarer
formuliert: Über kartellistische Verhaltensweisen. Vertikale Abreden liegen z.B. vor, wenn Händler in
ihrer Freiheit Preise zu setzten beschränkt werden, indem namentlich Mindest-
oder Festpreise vereinbart werden (müssen). Warum würde man das tun? Am
Ende ist die Antwort wohl immer die gleiche: Um die Preise hochzuhalten und
Gewinne zum Nachteil der Konsumenten zu maximieren. Fälle wie BMW oder eben
auch Elmex zeigen das auf.
Die vieldiskutierte Gretchenfrage ist also: Können vertikale
Abreden tatsächlich als wohlfahrtsmehrend betrachtet werden? Oder
beurteilt man sie grundsätzlich als erhebliche Wettbewerbsbeschränkung,
die nur noch aus Gründen der wirtschaftlichen Effizienz gerechtfertigt
werden kann?
Ich bin klar für eine strenge Beurteilung von Vertikalabreden.
So haben ja auch der Gesetzgeber bei der letzten Kartellgesetz-Revision
(KG-Revision) und jüngst eben auch das Bundesgericht entschieden. Denn das
lockere Tolerieren solcher vertikalen Absprachen birgt die Gefahr, ohne Not
neuen Wettbewerbsbeschränkungen Tür und Tor zu öffnen. Die Schweiz ist nach wie
vor eine Hochpreisinsel. Aber die Zeichen der Zeit sind zaghaft erkannt:
Parallelimporte sind erlaubt, und auch bei den technischen Handelshemmnissen
sucht man nach Wegen für den Abbau. Ergo: Die Abschottung bröckelt. Es wird
zunehmend schwieriger, ungerechtfertigt hohe Preise durchzusetzen. Kein Wunder
preisen die Lobbyisten die Vorteile von vertikalen Absprachen. In Tat und
Wahrheit versuchen sie damit, dem Volk Rot als Blau zu verkaufen
Aus meiner Sicht wäre es völlig das falsche Signal, vertikalen
Abreden einen Persilschein bis zum Beweis des Gegenteils auszustellen. Das
würde nur die Kreativität der Hersteller auf Gebieten befeuern, die nichts mit
Produkten und Dienstleistungen zu tun haben.
Das Kartellgesetz prüft den Einzelfall, und es kennt wie erwähnt
die wirtschaftliche Effizienz als Rechtfertigungsgrund, die dazu führen kann,
dass Vertikalabreden in bestimmten Fällen erlaubt sind. Innovationsförderungen
oder Kostensenkungen wären zu nennen. Das Kartellrecht soll in erster Linie den
Preiswettbewerb schützen. Vertikale Abreden über Preise oder die
Aufteilung von Märkten nach Gebieten stehen dazu grundsätzlich im Widerspruch.
Für mich ist deshalb klar: Jene, die sich für vertikale Kartelle stark machen,
wollen Konsumenten ärmer und (vor allem ausländische) Multis reicher machen.